Die Versicherungsgesellschaft Helvetia Österreich setzt mithilfe von Macros Reply Robotic Process Automation – kurz RPA – erfolgreich ein, um Kunden deutlich verkürzte Bearbeitungszeiten bieten zu können. Der Einsatz von RPA erlaubt es, Prozesse effizient und ohne aufwendige Schnittstellentwicklungen zu automatisieren. Neue, leistungsstarke Tools von Unternehmen wie UiPath machen RPA auch bei kleineren Fallzahlen zunehmend attraktiv. Der Digitalisierungsdruck lastet schwer auf Versicherungen. Kunden verlangen schnellere Services. Unflexible Legacy-Systeme machen es den IT-Abteilungen jedoch schwer, schnell auf die Anforderungen zu reagieren. In diesem Umfeld eröffnet Robotic Process Automation (RPA) neue Möglichkeiten. Wo in der klassischen Automatisierung systemübergreifende Prozesse langwierige Schnittstellenentwicklungen erfordern, vollziehen bei RPA Software-Bots nach, was Sachbearbeiter manuell an Arbeitsschritten, Abgleichen, Eingaben und Datenübernahmen vornehmen. So können Firmen komplexe, systemübergreifende Arbeitsschritte effizient automatisieren.
„Es ist widersinnig: Wir und andere Versicherer setzen hoch qualifizierte Fachleute für Arbeiten ein, bei denen es vielfach gar nichts zu entscheiden gibt. Viele einfache Vorgänge könnten perfekt automatisiert werden. Da braucht es effiziente Lösungen. Sonst ist es aus Sicht der Fachabteilungen frustrierend: Routine-Arbeiten für hochqualifizierte Mitarbeiter und Kunden, die teilweise unverständlich lange auf Antworten und Bescheide warten. Im Fokus unserer RPA-Projekte steht das Ziel, das Kundenerlebnis deutlich zu verbessern“, so Gerald Klammer, Leitung Schaden bei Helvetia Österreich. RPA ist aus technologischer Perspektive nicht neu. Viele Versicherungen nutzen diese Technik bereits. Dadurch haben die RPA-Tools in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Wurden Bots bisher nur in hochvolumigen und relativ einfachen Prozessen eingesetzt, lohnt sich der Einsatz von RPA jetzt auch für die Automatisierung von Prozessen mit mittleren Fallzahlen und zahlreichen Prozessvarianten sowie in komplexeren IT-Landschaften. Dieser Fortschritt brachte Helvetia Österreich mit dem Softwarespezialisten Macros Reply ins Gespräch. Die Berater verfügen über Prozesswissen aus der Versicherungsbranche und setzen mit Software von UiPath – laut Forrester Research und Gartner – führende RPA-Tools ein. „Die Idee von RPA mit UiPath ist es, über Pilotprojekte die Fachabteilungen der Kunden mit dem Tool und der Arbeitsweise von Bots vertraut zu machen und so für die Automatisierung zu gewinnen. Die Erstellung der Bots ist bei UiPath modular aufgebaut. So können bewährte Funktionen später einfach in andere Prozesse und Bots kopiert werden. Das reduziert den Aufwand und erhöht zugleich die Qualität“, berichtet Ralf Scheuchl, Geschäftsführer bei Macros Reply in München.
Gemeinsam mit Macros Reply startete ein Team um Helvetia-Projektleiter Stefan Hackl mit Hilfe von Process Mining zunächst eine Analyse. Dabei wurden softwaregestützt und auf Basis historischer Daten Prozesse und deren Variationen untersucht. So lassen sich schnell KPIs zu Laufzeiten, Liegezeiten, Netto- und Bruttozeiten sowie die Anzahl der Varianten zu den verschiedensten Prozessen ermitteln. Ergebnisse aus dem Process Mining spiegeln die gelebte Realität wider und sind deutlich aussagekräftiger als die in den Versicherungen vorliegenden Prozessbeschreibungen. In einem Workshop diskutierte man dann die Ergebnisse. „Diese Analyse war ein wichtiger und sehr gewinnbringender Schritt. Ich kann das nur empfehlen. Wir konnten die Prozesse vor der Automatisierung nochmals verschlanken und optimieren. Zum anderen können so Prozesse identifiziert werden, die für RPA von den Fallzahlen und der Komplexität besonders geeignet sind – und die einen großen Hebel auf das Kundenerlebnis haben“, so Stefan Hackl. Das Process Mining offenbarte enorme Prozessspreizungen. So streuten bei einem Prozess im Bereich Rechtsberatung die Laufzeiten zwischen 22 Sekunden und fast 7 Tagen. Der mittlere Wert lag bei 1 Tag und 6 Stunden – für einen durchschnittlichen Zahlschaden von rund 96 Euro. Ein weiterer als RPA-tauglich identifizierter Prozess umfasste die rein manuelle Übernahme eines externen Vorschadengutachtens in die Versicherungspolice. Hier konnte RPA den Datentransfer zwischen verschiedenen internen und externen Systemen enorm vereinfachen, ohne dass hierfür Interfaces programmiert werden mussten. Als konkretes RPA-Pilotprojekt wählte man im Team schließlich die Abwicklung von Glasschäden. Der entscheidende Prüfschritt für den Sachbearbeiter liegt hier im Abgleich mit den Prämienzahlungen: Hat ein Versicherungsnehmer seine Prämien gezahlt, erfolgt die Auszahlung – doch dazwischen türmen sich viele manuelle Eingaben und Datenübernahmen auf. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit in der Fachabteilung betrug laut Process Mining – bei großer Schwankungsbreite – 1 Tag und 9 Stunden, bei einer Nettolaufzeit von nur 6 Minuten. Hier bot sich also viel Potenzial für ein besseres Kundenerlebnis.
Im ersten Schritt erarbeitete man gemeinsam ein Process Design Document, das den „happy path“, also die fachlich gewünschten Prozessvarianten, beschrieb. Angelehnt an agile Methoden entwickelte Peter Preuss, RPA-Spezialist bei Macros Reply, dieses Dokument im Verlauf der Bot-Erstellung weiter. Eine erste wichtige Erkenntnis: Der modulare Aufbau von Bots mit UiPath bewährte sich. Einzelne Arbeitsschritte konnten mit den Sachbearbeitern gemeinsam besprochen, programmiert, als Teilfunktion getestet und dann im Bot immer wieder genutzt werden. „Für mich ist diese mit UiPath mögliche Modularisierung des Bots ein zentrales Qualitätsmerkmal. Nur so wird die Arbeitsweise des Bots wirklich transparent und die einzelnen Funktionen und Aufgaben können sinnvoll getestet und in anderen Bots erneut verwendet werden. Diese hohe Qualität erzeugt dann die Akzeptanz in den Fachabteilungen“, gibt Peter Preuss Einblick in seine Erfahrungen mit RPA-Projekten.
Um die Mitarbeiter in der Schadenabwicklung für Bots zu gewinnen, bietet UiPath eine weitere Möglichkeit. Ein Bot kann in zwei Modi betrieben werden – beaufsichtigt (attended) und unbeaufsichtigt (unattended). Unattended startet der Bot alle Vorgänge selbsttätig und meldet danach die erfolgreiche Bearbeitung. Im Attended-Modus wird ein Bot dagegen gezielt vom Sachbearbeiter gestartet und dieser beobachtet die einzelnen Schritte wie Aufrufe und Datenübernahmen. Diese Arbeitsweise bietet sich gerade in der Test- und Einführungsphase an, weil die Sachbearbeiter Vertrauen in die Technologie gewinnen, während sie die Arbeitsweise kontrollieren. Zudem lassen sich so auch Teilschritte von Prozessen über RPA automatisieren, die jeweils bei Bedarf vom Sachbearbeiter gestartet werden können. Unabhängig vom Modus gilt: Stößt ein Bot auf Schwierigkeiten oder Unregelmäßigkeiten, wird die Bearbeitung abgebrochen und an einen Sachbearbeiter eskaliert. Innerhalb der Lösungen von Macros Reply erfolgt dies beispielsweise prozesssicher über das Postkorbsystem. Das schafft Sicherheit und Vertrauen. Zusätzlich erlaubt die Eskalation im ersten Schritt nur die häufigsten oder einfachsten Fälle von einem Bot abdecken zu lassen. Die Fallabdeckung kann man dann sukzessive erhöhen, was einer agilen Arbeitsweise entspricht, die auch in variantenreichen Prozessen einen schnellen Einsatz von Bots unterstützt. Heute übernimmt bei Helvetia die Bearbeitung der Glasschäden komplett ein Bot – Annahme, Datenübernahme, Prüfung, Kommunikation und Zahlungsanweisung. Was die Sachbearbeiter daran freut: Sie sind von einfachen und als besonders monoton empfundenen Tätigkeiten entlastet. Das Plus für die Schadensabteilung: Statt nur in Stichproben überprüft Helvetia nun die Berechtigung über den Prämieneingang für jeden Regulierungsantrag – bei reduzierten Prozesskosten. „Das Wichtigste ist aber, dass unsere Kunden von deutlich verkürzten Bearbeitungszeiten profitieren“, freut sich Stefan Hackl.
Das Helvetia-Team um Stefan Hackl bewertet die Erfahrungen aus dem RPA-Projekt und die Hilfe von Macros Reply sehr positiv. Die Tools von UiPath haben sich tatsächlich als einfach zu bedienend gezeigt. Helvetia Österreich hat bereits weitere RPA-Projekte mit Macros Reply initiiert. Um dies organisatorisch zu verankern, will Stefan Hackl die Bot-Erstellung in einem speziellen Team in der IT konzentrieren. „Über ein fest etabliertes Team, das die RPA-Tools ständig einsetzt, lässt sich die Effizienz und Qualität der Bots besser als über wechselnde Projektteams gewährleisten. Dieses Team wird die Kollegen im Schadenservice in die Bot-Erstellung einbeziehen. Es wird auch alle zwei Wochen ein Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Abteilungen stattfinden, um den Know-How-Transfer sicherzustellen und neue Projekte anzustoßen. Während der Entwicklung werden die IT und der Fachbereich eng und ständig an der Bot-Lösung arbeiten, um Probleme und Fehler rasch beheben zu können.“ Wie schnell Fehler behoben werden, zeigt die Testphase des Glasschaden-Bots. Hier zeigten sich zunächst Abbrüche, ohne dass in den abgebrochenen Fällen Abweichungen vom Prozess oder der Fallabdeckung gefunden werden konnten. Die Ursache fand sich an anderer Stelle: Die Antwortzeiten (Latenzen) aus den Kernsystemen schwankten stark. Wo der menschliche Sachbearbeiter Geduld zeigte und einfach abwartete, zeigte sich der Bot deutlich ungeduldiger und brach die Bearbeitung ab. Einmal erkannt, ließ sich auch dem Bot die erforderliche Geduld beibringen. Die Akzeptanz in der Fachabteilung stieg daraufhin schnell. Bei Helvetia zeigen sich beteiligte Personen und Abteilungen hochzufrieden mit RPA. Mit vergleichsweise geringem Aufwand und ganz ohne aufwendige Schnittstellenentwicklungen konnten Prozesse automatisiert und Durchlaufzeiten erheblich verkürzt und stabilisiert werden. Kunden wird damit ein deutlich verbessertes Service-Erlebnis geboten. Gleichzeitig fühlen sich die Sachbearbeiter an den richtigen Stellen entlastet.